Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. 10. 2015
Luise-Büchner-Gesellschaft erinnert an die Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins vor 150 Jahren
h.r. DARMSTADT. Louise Otto-Peters hatte den von ihr in Leipzig gegründeten Frauenkreis „Unschuldsbund“ genannt.
Als daraus am 18. Oktober 1865 der erste Allgemeine Deutsche Frauenverein hervorging, wurde dessen Auftaktkonferenz anschließend in der Presse als „Leipziger Frauenschlacht“ vorgestellt.
Das war zwar als Anspielung auf den Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig zu verstehen, charakterisierte aber den Charakter der beginnenden Emanzipationsbewegung besser als der Name des Unschuldsbunds.
Es ist eine lange Schlacht geworden, wie Darmstadts Frauendezernentin Barbara Akdeniz (Die Grünen) in einer Feierstunde zum 150. Jahrestag der Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins im Literaturhaus sagte. Sie sei immer noch nicht gewonnen. Trotz allen Fortschritts, die praktische Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frau sei keineswegs verwirklicht, wie schon auf den deutschen Bundestag zeige. Dort habe der Frauenanteil sich seit 1949 zwar von acht auf 36,5 Prozent erhöht, „halbehalbe“ sei das aber immer noch nicht.
Die Darmstädterin Luise Büchner war auch zur ersten Frauenkonferenz des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins nach Leipzig eingeladen. Aus Gründen, die selbst Agnes Schmidt von der Luise Büchner-Gesellschaft in Darmstadt nicht bekannt sind, reiste sie nicht dorthin. In den Ausschuss für Öffentlichkeit wurde sie dennoch gewählt, was wohl nur möglich war, weil die Schwester von Georg Büchner sich einen Namen gemacht hatte. Und zwar als Frauenrechtlerin und Schriftstellerin.
Ihr Buch „Die Frauen und ihr Beruf“ war 1855 erschienen, also gut zehn Jahre vor dem Leipziger Treffen. Luise Büchners Bedeutung in der frühen Emanzipationsbewegung ist denn auch der Grund gewesen, warum die Luise-Büchner-Gesellschaft parallel zur großen Tagung in Leipzig zu einer eigenen Veranstaltung aus Anlass des „bedeutenden Jubiläums in der Geschichte der deutschen Frauenbewegung“ eingeladen hatte.[…]
Wie Schmidt in ihrem Vortrag ausführte, nahm Luise Büchner an der zweiten Frauenkonferenz 1867 teil. Interessanterweise gab es damals schon eine Diskussion, wie man mit dem anderen Geschlecht umzugehen habe. Männern war im Deutschen Frauenverein mit einer gewissen Logik kein Mitwirken möglich, anders als beim 1865 gegründeten Lette-Verein. In der Diskussion habe sich Luise Büchner für eine Kooperation der Geschlechter und gegen eine Ausgrenzung der Männer eingesetzt. Von einem „Vergeltungsrecht“ habe sie nichts gehalten, sagte Schmidt. Auch habe sie auf einer Konferenz in Frankfurt 1876 versucht, die Zusammenarbeit des Lette-Vereins, der in der „Männerfrage“ eine ähnliche Haltung wie sie eingenommen habe, mit dem deutschen c voranzubringen. Ein Jahr später starb Luise Büchner in Darmstadt.
Die Luise-Büchner-Gesellschaft hat das Jubiläum genutzt, um eine Spendenkampagne zu beginnen. Luise soll ein Denkmal erhalten. Wie die Frauenbeauftragte der Stadt, Edda Fees, sagte, steht hinter der Initiative die Frage, wie die Verdienste von Frauen öffentlich sichtbar gemacht werden. „Denn auch in Sachen Erinnerungskultur könne von Gleichberechtigung keine Rede sein: Auf 60 Denkmäler, die an Männer erinnerten, kämen sieben, die auf Frauenverwiesen. Die Schirmherrschaft der Kampagnen hat Akdeniz übernommen. […]