Luise-Büchner-Preis für Publizistik
DIE BISHERIGEN PREISTRÄGERINNEN
2023: Eva Weissweiler
Dr. Eva Weissweiler:
Foto: Klaus Kammerichs;
©Eva Weissweiler
Aus der Begründung der Jury: Dr. Eva Weissweiler ist eine Pionierin der Frauen- und Gender-Forschung in der deutschsprachigen Musikwissenschaft und eine der wichtigsten Biografinnen von Frauen im deutschsprachigen Raum. Die Journalistin und Autorin holt die Schaffens- und Lebenskraft starker Frauen aus dem Schatten ihrer Ehemänner, Väter und Brüder, so schrieb sie über Fanny Mendelssohn, Clara Schumann, Tussy Marx oder Luise Straus-Ernst. Ihre Veröffentlichung „Das Echo deiner Frage: Dora und Walter Benjamin“ stand Anfang 2020 auf Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von ZDF, Deutschlandfunk Kultur und DIE ZEIT.
Die Schriftstellerin und Filmautorin (* 1951) studierte Musikwissenschaft, Germanistik und orientalische Sprachen und promovierte 1976 in Bonn. Sie war Redakteurin und freie Journalistin (WDR, FAZ, SZ, Emma, Kölner Stadt-Anzeiger) und erstellte die erste Gesamtdarstellung über Komponistinnen (1981). Sie engagiert sich bis heute für eine stärkere Präsenz von Frauen im Musikbetrieb.
Die Luise Büchner-Gesellschaft zeichnet eine Feministin aus, die als Autorin durch gründliche Recherchen und stichhaltige Argumentationen gegen geschlechtsbedingte Benachteiligungen von Frauen sensibilisiert, ohne zu moralisieren. In ihren gut erzählten und detailgenauen Biografien entwirft Eva Weissweiler umfassende historische Panoramen. Sie öffnet dabei häufig mit bewusst weiblichem Blick neue und aufschlussreiche Perspektiven, die das Verständnis von Geschichte neu und anders deuten.
Mit dem Engagement für die Sache der Frauen und der Gewissheit, dass die Kenntnis der Geschichte die Voraussetzung für die Verbesserung der Gegenwart ist, steht sie in der Nachfolge von Luise Büchner.
⇒ Pressemitteilung: Begründung der Jury
2022: Jagoda Marinić
Aus der Begründung der Jury: Die in Waiblingen geborene deutsch-kroatische Schriftstellerin und Journalistin Jagoda Marinić hat sich spätestens mit ihrem Buch „Sheroes“ (2019) in der Feminismus-Debatte einen Namen gemacht, aber auch mit Kommentaren und Interviews steht sie für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Bei Frauen setzt sie mehr auf Ich-Stärke als auf Quote; ihre Sheroes sind Kämpferinnen, „ (…) die allen Gewalten zum Trotz die werden, die sie sind.“ Jagoda Marinić plädiert für ein Neudenken der feministischen Bewegung, das auf das Gespräch zwischen Frauen und Männer setzt.
Die Luise-Büchner-Gesellschaft zeichnet eine Feministin aus, die ihre klaren, politischen Analysen aus dem Leben, der Beobachtung, aus Gesprächen zieht. Die Preisträgerin will niemanden ausgrenzen und insbesondere die „neuen Männer“ mitnehmen und verknüpft wie Luise Büchner die „Frauenfrage“ mit der „Menschheitsfrage“.
Der Preis wurde am 27. November 2022 in Darmstadt übergeben.
2021: Florence Hervé
Aus der Begründung der Jury: Die deutsch-französische Germanistin und Feministin Dr. Florence Hervé engagiert sich seit Beginn ihrer publizistischen Tätigkeiten im Jahr 1969 nicht nur als Autorin, Journalistin, Übersetzerin und Herausgeberin für eine Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft. Seit den 70er Jahren ist sie darüber hinaus in der europäischen und internationalen Frauenbewegung politisch aktiv: Sie war u. a. eine der Mitbegründerinnen der Demokratischen Fraueninitiative und war von 1994 bis 2002 im Leitungsteam der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF).
1944 in Frankreich geboren, studierte sie Germanistik in Bonn, Heidelberg und Paris, wo sie mit dem Staatsexamen und anschließender Promotion (1976) als Germanistin abschloss. Zunächst schrieb sie als freiberufliche Journalistin für verschiedene Zeitungen, darunter die „Frankfurter Rundschau“, „Allemagne d‘aujourd’hui“ und „junge Welt“. 1973 veröffentlichte sie ihre soziologische Untersuchung „Studentinnen in der BRD“, seit 1982 ist Hervé Mitherausgeberin der Zeitschrift „Wir Frauen“ und seit 1979 des jährlich aufgelegten gleichnamigen Frauenkalenders.
Als Autorin und Herausgeberin u. a. von Literatur von Frauen zu verschiedenen Themen, über die „Geschichte und Perspektive der demokratischen Frauenbewegung: Brot & Rosen“ oder „Leben, frei und in Frieden ‒ Frauen gegen Faschismus und Krieg“ setzte sie Zeichen, denn ohne die Frauen der Vergangenheit wäre die Frauenbewegung nicht dort angelangt, wo sie heute steht. Und sie setzt immer noch Zeichen mit ihren jüngsten Biografien über Clara Zetkin (2020) und die Anarchistin Louise Michel (2021), stets eingebettet in den sozial-politischen Kontext von Gerechtigkeit und Demokratie, gegen Nationalismus, Antisemitismus und Fremdenhass und konsequent in der mangelnden Aufarbeitung der Nazizeit im Nachkriegsdeutschland: „Die Gleichberechtigung der Frau lässt sich eben nicht trennen von einer humanen Gesellschaft.“ (Florence Hervé)
Die Luise-Büchner-Gesellschaft zeichnet eine überzeugte Feministin für ihr bisheriges Lebenswerk aus, das in der Zugänglichmachung der Geschichte der Frauenbewegung die historische Kontinuität offenlegt, nicht als Selbstzweck, sondern um in unserer Zeit für die Sichtbarmachung frauenspezifischer Situationen und Problematiken sowie für Veränderung einzutreten.
Der Preis wurde am 12. Dezember 2021 in Darmstadt übergeben.
2020: pandemiebedingt keine Preisverleihung
2019: Margarete Stokowski
Aus der Begründung der Jury: Die in Polen geborene, in Deutschland aufgewachsene Journalistin Margarete Stokowski veröffentlicht seit 2009 Artikel, Essays und Bücher. Schwerpunktthema ihrer Arbeit ist das Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Mit scharfem Blick analysiert sie in ihren Texten Widersprüche in den Beziehungen zwischen Frauen und Männern, die in unserer vermeintlich egalitären Gesellschaft immer noch vorhanden sind. Ihre Kolumnen zeichnen sich durch gründliche Recherchen aus, sie sind oft frech und ironisch, aber nie verletzend.
Margarete Stokowski hat alles im Blick: Sowohl die ungleiche Macht-, Geld- und Karriereverteilung als auch den Umgang mit Sex und die Körper der Geschlechter. Das sind Themen, über die zu Luise Büchners Zeiten selten gesprochen und erst recht nicht geschrieben wurde. Bei allem Gegenwartsbezug ihrer Artikel weiß Margarete Stokowski genau, dass „unsere heutige Freiheit den Kämpfen derer zu verdanken ist, die darauf bestanden haben, dass noch nicht alles gut ist, und die sich nicht einschüchtern ließen von Leuten, die ihnen erzählten, sie seien zu verbittert, zu naiv oder komplett verrückt“. Mit diesem Gedanken trifft sie die Haltung Luise Büchners, die in einer längst vergangenen Welt den Mut bewiesen hat, vorsichtig aber energisch auf Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern hinzuweisen.
Der Preis wurde am 24. November 2019 in Darmstadt übergeben.
⇒ Link zu Margarete Stokowskis Preisrede
2018: Julia Korbik
„Aus der Begründung der Jury: Julia Korbik ist eine moderne Feministin, die für ihren Einsatz für Frauenrechte neben konventionellen Mitteln auch neue Formen der Kommunikation und Publizistik nutzt. So erreicht sie in kürzester Zeit virtuell Tausende, während Luise Büchner noch ganz auf Buchdruck, Zeitschriften und persönlichen Vortrag angewiesen war. In der Sache der Frauenrechte, im Einsatz gegen Ungleichbehandlung und Diskriminierung steht Julia Korbik allerdings ganz unmittelbar in Luise Büchners Nachfolge, indem sie die eigene Stimme als Instrument der Aufklärung erhebt.“
2017: Barbara Beuys
Aus der Begründung der Jury: „Barbara Beuys setzt sich seit vielen Jahren mit den ungewöhnlichen Lebenswegen von Frauen auseinander. Mit ihren fundierten historischen Arbeiten in journalistisch lebendiger Darstellung leistet Barbara Beuys einen wichtigen Beitrag zur Frauengeschichtsschreibung. Damit steht sie in der Tradition Luise Büchners, für die Schreiben und Reden über Geschichte ein wichtiger Teil ihrer publizistischen Arbeit war. Dies dient weiblicher Selbstvergewisserung ebenso wie dem Wissen darüber, dass Frauen einen unersetzlichen Anteil daran haben, Türen zum besseren Verständnis der Welt zu öffnen.“
2016: Luise F. Pusch
Aus der Begründung der Jury: „Als Wissenschaftlerin hat Luise Pusch der Frauenbewegung mit der feministischen Linguistik grundlegende Erkenntnisse und unersetzliche Anregungen gegeben. Als Hüterin und Vermehrerin des Schatzes weiblicher Biografien ist sie zu einer Institution weiblichen Selbstverständnisses geworden. Als Publizistin trägt sie zu einer Welt bei, in der Vernunft und Gleichberechtigung die Grundlage menschlichen Zusammenlebens werden sollen. Damit steht sie in der Tradition Luise Büchners, für die die weltbewegende Kraft von historischer Kompetenz und kritischer Publizistik Werkzeug des Fortschritts war.“
2015: Barbara Sichtermann
Aus der Begründung der Jury: Die 1943 in Erfurt geborene Publizistin und Autorin Barbara Sichtermann ist seit 1978 freie Schriftstellerin. Ihre Veröffentlichungen (in Büchern, Zeitschriften und Zeitungen) stellen sich mit erfrischend moderner Sicht scheinbar klassischen Frauenfragen und rücken diese dahin, wohin sie gehören: in die Mitte der öffentlichen Diskussion.
2014: Lisa Ortgies
Aus der Begründung der Jury: Lisa Ortgies moderiert seit 1997 die WDR-Sendung „FrauTV“. Dort gelingt es ihr stets, informativ und aufklärerisch die noch immer fehlende Chancengleichheit, ungleiche Bezahlung, die Probleme alleinerziehender berufstätiger Mütter, Gewalt gegen Frauen und die Berufswahl junger Mädchen zu thematisieren und dabei klar feministische Position zu beziehen.
2013: Julia Voss
Aus der Begründung der Jury: In Beiträgen zur Kunst- und Wissenschaftsgeschichte stellt sich Julia Voss kundig den weithin verbreiteten Vorurteilen gegen künstlerisch arbeitende Frauen in Vergangenheit und Gegenwart. Regelmäßig macht sie auf „vergessene“ Künstlerinnen außerhalb des offiziellen Kunstbetriebs und der etablierten Kunstinstitutionen aufmerksam.
2012: Bascha Mika
Aus der Begründung der Jury: Bascha Mika beobachtet mit präzisem und scharfem Blick die Widersprüche der Geschlechterverhältnisse unserer Zeit. In ihren Artikeln, Büchern und Vorträgen weist sie nicht nur auf die strukturellen Hindernisse der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern hin, sondern macht auch auf die unbequeme Wahrheit aufmerksam, dass Frauen oft selbst der Faszination traditioneller Rollen erliegen und ihrer eigenen Selbstbestimmung im Wege stehen.